Liederabend

...und dann der Liederabend im Mai- da müsse mal langsam etwas rüberwachsen in Richtung konkrete Programmvorstellung. Liederabend - das heiße mehr als nur die Idee im Kopf, dass Lieder gesungen werden sollen. Da müsse schon ein bissel was G´naueres her. Also noch mal die Vorgabe: 2 Blöcke zu 25- dazwischen eine Pause. Das ganze soll ja ein Radiokonzert werden. Nicht länger als 50 Minuten. Eigentlich sind ja 50 Minuten schon zu viel. Der Michael will ja noch was reden. Radio - das kommt ja von Reden, oder? Redio - Red io: jetzt rede ich.

Also: zwei mal 20 plus 5. Das sei die Gleichung, was das Zeitliche angehe. Die andere Gleichung sei: Tausend plus Tausend ist Zweitausend. Von den Plakaten mal gar nicht geredet. Da werden demnächst die Kosten auch gesenkt werden müssen, denn es gibt ja Leute, die nicht verstehen können... aber nicht jetzt. Jürgen wird das nächste Plakat direkt ins Sieb malen. Keine Litho-Kosten. Immerhin. Oder? Den Text im Computer abgesetzt und fertig. Aber: ein Programm müsse schon her - muss schon her. Mit nichts in der Hand ist kein Geld zu schnorren. Sparkassen, Volksbanken etc. Da muss man schon was ins Köfferchen packen, sonst hört doch keiner hin. Natürlich hört auch keiner hin, wenn man Liederabend sagt, aber man kann´s ja aufschreiben- dann gibt´s was zum Kucken. Roland Kaiser- den hätten die gerne und würden dann mit ihren Weibchen in der ersten Reihe sitzen und allen erzählen: das haben WIR

gesponsert. Aber doch bitte keinen Liederabend mit Hirtaufdemfelsen und Forelle blau oder Nussbaum. Das ist ja nur Quotensponsering - damit man sagen kann, man hätte auch was für die Kunst getan. Und statt selbst in der ersten Reihe zu sitzen mit Frauchen im Pelz, schickt man ungeliebte Schwiegermütter, die sich - laut zwischen die Sätze klatschend - zu erkennen geben. Und da ja nicht jeder singen könne oder Klavier spielen, weil dann ja keiner mehr für das Geld die Socken in Büros abschleifen könne - eben deswegen müsse ein Programm her. Vorgaben gibt es keine. Nicht viele. So gut wie gar keine. Es müssen nur Lieder sein. Keine Arien mit Klavierversatz, weil Orchester krank oder so.... Richtige Lieder: Klavier und Sopran. Und - bitte: es muss nicht alles von Brahms sein. Obwohl Brahms neulich im Fischer’schen Wohnzimmer mal unklassisch gesprochen echt geil gewesen sei. Aber bitte: wenn Brahms und Stimme nicht zusammengehen wollen, dann - bitte- etwas anderes. Es ist ja - positiv gesprochen - ganz egal. Es kann auch alles von einem Komponisten stammen oder von vier verschiedenen, die auch aus vier verschiedenen Epochen stammen dürfen. Es ist doch - bitte sehr - ganz egal. Aber es muss doch was drauf auf den Zettel, damit losgezogen werden kann. Vier Konzerte im Jahr - die schwitzt man sich doch auch nicht mal eben durch die Rippen. Oder? Oder so. Schumanns Nussbaum, der solle mal ruhig auf dem Zettel stehen. Bitte! Schumanns Nussbaum ist doch ein Lied vom anderen Stern, auch wenn Andreas bei Schumann die Weichteile einschlafen. Komponisten haben doch eh keine Ahnung und sehen alles immer gleich viel zu verbissen. Bei denen wird jeder Ton doch gleich zur Weltanschauung. Darauf wird keine Rücksicht genommen. Bekehrungsarbeit ist angesagt. Schumann also? Ja Schumann. Der Rest vom Blatt muss in drei Wochen voll sein. Vielleicht treffen sich die Damen ja mal ganz unverbindlich noch vor den Feiertagen zu einer Programmkonferenz unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Man kommt doch sonst zu gar keinem Ergebnis. Da redet dann jeder mit. Es gibt ja nichts Schlimmeres als ein Programm, zu dem alle Eltern und Verwandten ja sagen. Das ist doch fürchterlich. Grau - en - haft. Bäh! Da hat man ein Programm und ruft zwei Tage später an, und das Gespräch beginnt mit den Worten: ich habe da noch mal mit Benno geredet. (Wahn-sinn.) Und Benno meint, der Mozart mußssraus.Keiner kombiniert Mozart und Schumann... hat Benno gesagt. Und der muss es doch wissen. Der kennt doch schließlich einen, der schon mal in einem Konzert gewesen sein soll. Salzburgmäßig. Daraus lernen wir: niemals kombiniere Schumann mit Mozart. Das beißt sich. Und Bennos Schwester: Die letzten 7 Jahre Konzertprogramm von Liederabenden gesammelt - mit den Eintrittskarten zusammen abgeheftet. Ergebnis: Keiner hat Mozart und Schumann kombiniert. Na, wenn das kein Grund ist. Fürch-ter-lich. Ich halt´s nicht aus. Und sowieso hat Bennos Schwester noch gesagt... Hör mir bloß auf. Also: Die Damen werden sich zusammensetzen und mehr oder weniger fix ein Wunschprogramm erstellen und mit selbigem bis Mitte Januar vorstellig. Das wird dann mit der Intendanz besprochen. Die leitet weiter an Michael. Der leitet weiter an den Radioverein. Der leitet weiter an die Geldgeber. Dann wird alles verabschiedet und mit dem Plakatentwurf begonnen. Und die Programmhefte werden geschrieben. Pro Lebenslauf bitte eine Seite A5 hoch. Zwei Bilder. Oder noch besser: ein Bild mit 2 Damen. Zeitungsfreundlich. Die von der Zeitung wollen - bitte - ein Bild mit zwei schwarzweißen Damen, denen man - bitte - anzusehen hat, dass sie Musik machen. Also die doppelte Dämlichkeit vor’s Klavier drapieren. Oder Noten in die Hand drücken. Aber das sieht man ja wieder nicht. Also doch vor’s Klavier - schön aufgetakelt. Nicht zu vergessen, dass ein Lebenslauf sich lesen muss wie eine in die Ewigkeit laufende Erfolgsmeldung. Für die Einladungen diesmal den Römer-Stil: Liebe Musikfreunde. Wir freuen uns, ihnen diesmal einen ganz besonderen musikalischen Leckerbissen anbieten zu können in der guten Stube unseres Bürgerhauses... und - das aber bitte nicht drucken: - es werden Perlen vor die Säue geworfen. Und dann weiter: Edelsteine der Liedkunst als bunter Strauß der Jahrhunderte. Fürch-ter-lich. Aber es wirkt. Kopien an alle Altersheime. Getreu nach dem Römervers: Auf dass das Haus voll werde - und wenn jeder seinen Hund mitbringt. Und für die kleinen Vierbeiner wird im Voyer eine warme Mahlzeit gereicht und ein kostenloser Haarschnitt verabreicht, damit sich auch das Hundchen immer an diesen Tag erinnert. Dann ist ja wohl soweit erst mal alles klar. Und wie gesagt: die Programmvorschläge möglichst rapido. Und Tschüss.