Weckßassjonnß

Immer wieder gern genommen: Der Satie'sche Klaviermarathon. Iväntkarackter. Ein Hingucker allemal. Wer hinhört ist selbst Schuld. Das zierliche Etwas – Spieldauer irgendwo zwischen 1,10 und 1,40 Minuten – 840 Mal zu wiederholen: wie passend in Zeiten von Repititivkulltur und (Aller)Welt(s)musik. Schade eigentlich, dass die Komposition nicht als virtuosentauglich gelten darf. Ansonsten nämlich könnten wir sie der Stiftung Warentest empfehlen, wenn es jemals um einen Haltbarkeitstest für Klaviere gehen sollte. So wie in manchen Ikeafilljalen ein Sesselpolster zichtausende Mal presslufbestiegen wird, könnten – nach mehrmonatiger Anwendung der Weckßassjonnß – Aussagen über die Tauglichkeit einer Klaviermechanik gemacht werden. Eine Spieldauer von 1,28 Minuten einmal angenommen, ergäbe sich nach 840maliger Wiederholung demnach eine Gesamtdauer von 73,920 Sekunden – in Stunden: 20,53 Periode. Unschwer zu erraten, dass ein Ivänt dieser Größenordnung nicht ohne Schlafsack und Käitering zu bewerkstelligen ist. Vorteil: Dergleichen macht Presse. Niemand hört hin, aber alle schreiben drüber. (Kwott erratt demmonstrandumm!)

Die Welt darf sich glücklich schätzen, dass der splienige Erik seinem Stücklein nicht eine wohlmöglich fünfstellige Zahl hinzufügte. Die Vorstellung, dass sich ein handschriftlicher Vermerk 'forever' hätte finden lassen können, lässt Konzertveranstaltern das Wasser – ja wo denn eigentlich – zusammenlaufen und den Pawlow'schen Reflex quasi zum Satiesyndrom erstarren. Es würde neben dem Restless-Legs-Syndrom (RLS) endlich auch ein Restless-Finger-Syndrom (RFS) geben. Bleiben wir einen kurzen Moment bei der 'Forever-Variante' und ihren Folgen für die darniederliegende Konnjunktuhr: Teams von arbeitslosen Klavierpäddagohgen könnten sich in Leistungsgemeinschaften zusammentun – denkbar wäre ein gewerkschaftsfreundlicher 3-Stunden-Turnuss im Schichtdienstverfahren. Springer für krankheitsbedingte Ausfälle (RFS) und Urlaubsvertretungen eingerechnet käme man auf stattliche Teams. Pianisten könnten kwasi von der künstlerischen Reifeprüfung weg engagiert, Studiengänge für Weckßassjonnissmuss eingeführt und eigene Lehrstühle eingerichtet werden. Psücho- und Phüsioterrapoiten würden sich im Umfeld tummeln – begleitet von Forschungstihms für Klaviermechanikbau. Zu denken wäre an mobihle Einsatzbühnen, auf denen die Tihms durchs Land gefahren würden.

Allerdings sollte man im Interesse der Volkswirtschaft Gemeinden, Kommunen, Städten, Landkreisen usw. die eigenständige (eigenhändige!) Ins-Leben-Rufung von Spielgemeinschaften erlauben. Nicht zu vergessen, dass jedem Tihm auch Zähler (plus Krankheitsvertretung etc.) zugeordnet werden müssten. Das Zählen der einzelnen Durchgänge wäre – streng genommen – bei der Forever-Variante nicht mehr notwendig, doch könnte es sich als ein netter Nebeneffekt erweisen. Zu überlegen wäre, ob das Spielrecht in Erbfolge vergeben werden sollte, oder aber per Odischen (= Audition = öffentliches oder nicht öffentliches Vorspiel).

Zwischen der Ursprungsvariante (840 Wiederholungen) und der Forever-Variante wären beliebig zu staffelnde Zwischenvarianten (Langzeit ABMs) zu denken. In Punckto Einkommen sollte an der eintritzfinanzierten Selbstträgerschaft gearbeitet werden. Veranstalter könnten Rentner oder aber hüperacktiwe Schüler zum Zwangshören verurteilen. Bei der GEMA müssten Eingaben zur Gebührenbefreiung gemacht werden. Mediensstudenten könnten sich um die Vermarktung kümmern, Kameraleute und Tontechniker vor Ort ausgebildet werden. Nicht zuletzt könnte im Umfeld einer Einsatzgruppe ein komplettes Infrastrucktuhrelles Konzept entwickelt werden, das sich von der Kindertagesstätte bis zur Altenpflege kwasi allen anfallenden Randaspeckten annähme. Live-Übertragungen in Supermärkten würden arbeitslose Rundfunk- und Fernsehtechnicker wieder in Lohn und Brot bringen usw. Sollten sich dann im Umfeld einer Einsatzgruppe soziale Probleme am Standort erledigt haben, könnte die Gruppe aufgelöst oder aber weitergeschickt werden. Zwischenzeitlich ist auch an Weckßassjonn-Wettbewerbe zu denken.

Zurück zur Originalvariante: Ein Klavierfeetischist entwickelte jetzt eine äußerst zeitsparende Variante der Weckßassjons: Er ließ in einem niederrheinischen Schlosspark 840 Klaviere aufstellen und dann die Kompostion sünnkrohn (mit elektronischer Mettronohmstäuerung) 840 Mal ablaufen. Nach 1,28 Minuten war der Spuhk vorbei. Das Specktakel wurde weltweit über Sattellitt übertragen und brachte mit seiner Direcktvermarktung Einnahmen in Höhe von 231,35 Euro. Schon ist eine Wiederholung mit 8400 von Christo in Butterbrotpapier verpackten Klavieren in Tokio geplant. George Bush hat die Zusage erteilt, sämtliche 8400 Klaviere auszukaufen und (als Kulturspende) über dem Irak abwerfen zu lassen.

Und noch was: Wer immer schon mal das EEG (Eläcktrohäntsäffalohgramm) eines Pianisten sehen wollte der Weckßassjonns im Alleingang eingespielt hat (die 840er Variante), kann sich unter http://musicweb.hmt-hannover.de/satie/ das komplette EEG (138 MB Zip-Datei) herunterladen.

Interessant auch: Kohlmetz, C., Kopiez, R., Altenmüller, E. (2003): Stability of motor programs during a state of meditation: Electrocortical activity in a pianist playing 'Vexations' by Erik Satie continuously for 28 hours. Psychology of Music, 31(2), 173-186. (PDF-Dokument, 677 KB). Hier finden wir ein genaues Protokoll der einzelnen Gemütszustände des Pianisten.

P.S. Letzte Meldung: Ein offensichtlich geistesgestörter 44jähriger Lehrer im Vorruhestand wurde jetzt in BH verhaftet, als er in einem Museum ein Bild des Künstlers NN zerstörte, an dessen unterem Bildrand die scherzhaft gemeinte (!) Anweisung zu lesen war: Man kann, wenn's einem nicht gefällt, das Bild natürlich auch von der Wand nehmen und verbrennen. Hauptsache, man hat es vorher rechtmäßig erworben. Der Pressesprecher des Museums: "Herr P. hat zwar das Recht, das Bild nicht zu mögen, aber er ist nicht der rechtmäßige Eigentümer und demzufolge zur Zerstörung nicht berechtigt. Wo kämen wir hin, wenn man jeden Kommentar eines Künstlers ernst nehmen würde?"